Typ 1 Diabetes – die vernachlässigte Krankheit?

Diabetes mellitus ist eine der am weitesten verbreiteten Stoffwechselerkrankungen weltweit. Doch während Typ 2 Diabetes häufig im Mittelpunkt der öffentlichen Wahrnehmung steht, führt Diabetes Typ 1 ein Schattendasein – mit schwerwiegenden Auswirkungen für die Betroffenen.

Typ 1 – der "andere" Diabetes

In Deutschland leben aktuell etwa 370.000 Menschen mit Diabetes Typ 1. Dem gegenüber steht der andere Diabetes, vielleicht sogar besser als der "eigentliche" Diabetes zu bezeichnen: Diabetes Typ 2 mit über 10 Mio. Erkrankten, was ca. 95% aller Diabetes mellitus Erkrankten ausmacht.

Während Typ 2 Diabetes häufig mit Lebensstilfaktoren in Verbindung gebracht wird, bleibt das Bewusstsein für Typ-1-Diabetes als Autoimmunerkrankung in der Öffentlichkeit gering. Erst vor etwa 60 Jahren wurde überhaupt entdeckt, dass es sich bei Typ 1 Diabetes um eine separate Autoimmunerkrankung handelt. Die Erkrankung trifft die Betroffenen unverschuldet und erfordert ein lebenslanges Management mit Insulintherapie.

Die täglichen Herausforderungen

Was in der öffentlichen Diskussion oft untergeht, ist die emotionale Belastung, die mit der Typ 1 Diabetes Erkrankung einhergeht. Die konstante Überwachung des Blutzuckerspiegels, die Notwendigkeit regelmäßiger Insulininjektionen und die Angst vor akuten Komplikationen wie Hypoglykämien (Unterzuckerung) oder langfristigen Folgeerkrankungen begleiten die Betroffenen täglich. Die Folgekrankheiten von Typ 1 Diabetes – vor allem bei anhaltend hohen Blutzuckerwerten – sind lebensverändernd und auch lebensbedrohlich.

Die unsichtbaren Herausforderungen

Was jedoch oft unterschätzt wird, ist das unsichtbare Leiden der Typ 1 Diabetiker. Gut gemeinte, aber fehlgeleitete Ratschläge von Freunden, Familie oder Kollegen, die oft nicht zwischen den verschiedenen Diabetestypen unterscheiden können. Während Lebensstiländerungen bei Typ 2 Diabetes scheinbar (von Medikamenten) heilen können, ist Typ 1 Diabetes nicht durch Ernährungsumstellung oder mehr Bewegung "heilbar". Auch sind bisherige Ernährungsweisen nicht ursächlich für die Erkrankung - Tatsachen, die den meisten Nichtbetroffenen nicht bewusst sind, sie jedoch dennoch zu "hilfreichen" aber ungefragten Ratschlägen verleiten.

Fehlgeleitete Aufklärung und Verwirrung

Die mangelnde öffentliche Aufklärung über Typ 1 Diabetes führt nicht selten zu Stigmatisierung oder Missverständnissen. Betroffene müssen regelmäßig erklären, dass ihre Erkrankung nicht durch ungesunde Lebensweise entstanden ist und nicht durch zuckerfreie Diäten kontrolliert werden kann. Und schlimmer noch: die falsche (mediale wie medizinische) Kommunikation zu den beiden Diabetes-Typen führt auch bei Betroffenen zu vielen Missverständnissen, Verwirrung und letztendlich auch zusätzlicher emotionaler Belastung im Diabetesmanagement.

Was tun?

In ihrem 2024 erschienenen Aufsatz "Ernährung und Typ 1 Diabetes" haben Stefan Götz und Nicola Haller die mangelnde Evidenz spezifischer Ernährungsempfehlungen für Typ 1 Diabetiker festgestellt. Die Verbesserungen in der Diabetestechnologie führen hingegen zur verstärkten Gewichtszunahme und gestiegenen Risikofaktoren der Betroffenen, welche zusätzlich zur Typ 1 Erkrankung zunehmen (Götz/Haller, erschienen in "Die Diabetologie" 20/2024).

Trotz medizinischer Fortschritte warnt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), dass diabetologische Fachbereiche in Krankenhäusern und Arztpraxen zunehmend von Sparmaßnahmen bedroht sind. Die klaffenden Finanzlöcher der Krankenkassen untermauern diesen Trend. Typ 1 Diabetiker sind ihr Leben lang auf medizinische Versorgung angewiesen. Es wird Zeit, sich selbst näher mit der eigenen Krankheit auseinanderzusetzen und nach Wegen aus der Belastung zu suchen.

Wie es derzeit aussieht, wird es niemand anderer tun!

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